DNaseX (Apo10) und TKTL1 als potenzielle Biomarker in der Krebsdiagnostik

Die frühzeitige Erkennung von Krebserkrankungen ist ein Schlüsselfaktor für eine erfolgreiche Behandlung und verbesserte Überlebenschancen. Traditionelle Screening-Methoden wie bildgebende Verfahren und invasive Biopsien haben zwar ihre Berechtigung, sind aber oft mit Einschränkungen wie Strahlenbelastung, Invasivität oder hohen Kosten verbunden. In diesem Kontext gewinnen Bluttests als minimal-invasive Diagnosemethoden zunehmend an Bedeutung. Ein vielversprechender Ansatz basiert auf der Epitop-Detektion in Monozyten (EDIM)-Technologie und nutzt zwei Biomarker: DNaseX (Apo10) und Transketolase-like 1 (TKTL1).

Diese Marker werden in aktivierten Monozyten/Makrophagen nachgewiesen, die zuvor Tumorzellen oder deren Fragmente phagozytiert haben. Die Idee hinter diesem Ansatz ist, dass das Immunsystem des Körpers als eine Art „biologische Biopsie“ fungiert, indem es Informationen über mögliche Tumore im gesamten Körper sammelt.

In dieser Abhandlung werden wir die Sensitivität und Spezifität dieser Marker anhand verschiedener Studien untersuchen, die Ergebnisse für verschiedene Krebsarten betrachten und einen Vergleich zu herkömmlichen Diagnoseverfahren ziehen.

Biomarker DNaseX (Apo10) und TKTL1:

DNaseX (Apo10) ist ein Enzym, das bei der Apoptose eine Rolle spielt. In Tumorzellen akkumuliert es oft im Zellkern, was auf eine gestörte Apoptose hinweist [1]. TKTL1 hingegen ist ein Enzym, das am Glucose-Stoffwechsel beteiligt ist. Es wird mit dem Warburg-Effekt in Verbindung gebracht, einer metabolischen Umstellung von Krebszellen auf anaerobe Glykolyse, die mit invasivem Wachstum und Metastasierung assoziiert ist [2].

Die Kombination dieser beiden Marker zielt darauf ab, sowohl die frühen Stadien der Tumorentstehung (gestörte Apoptose) als auch fortgeschrittenere Stadien (metabolische Umstellung) zu erfassen.

Studien zu verschiedenen Krebsarten:

Rhabdomyosarkom bei Kindern:

In einer Studie von Urla et al. [3] wurden die Marker Apo10 und TKTL1 bei 29 pädiatrischen Rhabdomyosarkom-Patienten und 27 gesunden Kontrollen untersucht. Die Ergebnisse zeigten eine beeindruckende Sensitivität von 96,5% bei einer Spezifität von 100%.

Zum Vergleich: Die üblichen Diagnoseverfahren für Rhabdomyosarkome umfassen bildgebende Verfahren wie MRT und CT sowie Biopsien. Diese Methoden sind zwar genau, aber invasiv und mit Strahlenbelastung verbunden. Ein einfacher Bluttest könnte hier einen erheblichen Vorteil bieten, insbesondere für regelmäßige Nachkontrollen.

Neuroblastom bei Kindern:

Stagno et al. [4] untersuchten die Marker bei 38 pädiatrischen Neuroblastom-Patienten und 37 gesunden Kontrollen. Die kombinierte Sensitivität für TKTL1 und Apo10 lag bei 94,7%, mit einer Spezifität von 100%.

Neuroblastome werden üblicherweise durch eine Kombination aus Bildgebung (CT, MRT, MIBG-Szintigraphie), Urinuntersuchungen auf Katecholamine und Biopsien diagnostiziert. Ein auf diesen Markern basierender Bluttest könnte hier als ergänzendes Screening-Tool dienen, insbesondere für Hochrisiko-Patienten oder zur Nachsorge.

Cholangiokarzinom, Pankreaskarzinom und kolorektales Karzinom:

Saman et al. [5] berichteten von einer Sensitivität von 100% für den kombinierten EDIM-Score (basierend auf Apo10 und TKTL1) bei 62 Patienten mit diesen Krebsarten, bei einer Spezifität von 100% in der gesunden Kontrollgruppe (n=29).

Diese Krebsarten sind oft schwierig früh zu diagnostizieren. Beim Pankreaskarzinom beispielsweise kommen üblicherweise CT, MRT, endoskopischer Ultraschall und die Bestimmung des Tumormarkers CA 19-9 zum Einsatz. Eine hohe Sensitivität eines auf Apo10 und TKTL1 basierenden Tests könnte hier besonders wertvoll sein, da Pankreaskrebs oft erst in späten Stadien erkannt wird.

Orales Plattenepithelkarzinom:

Grimm et al. [6] untersuchten die Marker bei 92 Patienten mit oralen Plattenepithelkarzinomen. Die EDIM-Apo10 und EDIM-TKTL1 Scores waren in 92% bzw. 93% der Fälle positiv. Der kombinierte Score erhöhte die Detektionsrate auf 97%.

Die Standarddiagnostik für orale Plattenepithelkarzinome umfasst klinische Untersuchungen, Bildgebung (CT, MRT) und Biopsien. Ein hochsensitiver Bluttest könnte hier besonders für Risikogruppen (z.B. Raucher) als Screening-Methode wertvoll sein.

Frühes Lungenkarzinom:

Xie et al. [7] untersuchten die Marker bei 156 Patienten mit frühem Lungenkarzinom und 153 Kontrollen. Für den kombinierten APT-Score (Apo10 plus TKTL1) ergab sich eine hohe diagnostische Genauigkeit mit einer AUC von 0,9132 in der ROC-Analyse.

Die Früherkennung von Lungenkrebs ist besonders herausfordernd. Derzeit wird für Hochrisikopatienten ein Low-Dose-CT-Screening empfohlen, das jedoch mit Strahlenbelastung und einer hohen Rate falsch-positiver Befunde verbunden ist. Ein hochsensitiver Bluttest könnte hier eine wertvolle Ergänzung darstellen.

Vergleich mit konventionellen Tumormarkern:

In der Studie von Saman et al. [5] wurden die Ergebnisse des EDIM-Tests mit konventionellen Tumormarkern verglichen. Bei Patienten mit Cholangiokarzinom waren CEA und CA19-9 nur in 22,2% bzw. 70% der Fälle positiv, während der EDIM-Score in 100% der Fälle positiv war. Bei Pankreaskarzinom-Patienten waren CEA und CA19-9 in 37,5% bzw. 72,7% der Fälle positiv, verglichen mit 100% für den EDIM-Score. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Kombination von Apo10 und TKTL1 eine höhere Sensitivität aufweisen könnte als etablierte Tumormarker.

Potenzial für die Nachsorge:

Jansen und Coy [8] berichteten über einen Fall, bei dem die kombinierte Anwendung der EDIM-TKTL1 und EDIM-Apo10 Tests eine Metastasierung 9 Monate vor der klinischen Diagnose anzeigte, während die etablierten Tumormarker CEA und CA19-9 negativ blieben. Dies deutet auf ein potenzielles Anwendungsgebiet in der Nachsorge von Krebspatienten hin.

Einschränkungen und kritische Betrachtung:

Trotz der vielversprechenden Ergebnisse ist es wichtig, die Einschränkungen der bisherigen Studien zu berücksichtigen:

  1. Kleine Fallzahlen: Die meisten Studien umfassen relativ kleine Patientengruppen. Größere, multizentrische Studien sind notwendig, um die Ergebnisse zu validieren.
  2. Potenzielle Verzerrungen: Einige Studien wurden von Forschern durchgeführt, die an der Entwicklung der Testtechnologie beteiligt waren. Unabhängige Replikationsstudien sind erforderlich.
  3. Fehlen von Langzeitdaten: Es gibt bisher keine Studien, die den Einfluss der Marker-basierten Früherkennung auf klinische Endpunkte wie Überlebensraten untersuchen.
  4. Spezifität bei Entzündungen: In der Studie von Saman et al. [5] hatten 7,7% der Personen mit entzündlichen Erkrankungen einen positiven EDIM-Score. Dies könnte zu falsch-positiven Ergebnissen führen, insbesondere bei Patienten mit chronischen Entzündungszuständen.
  5. Kritik von Fachgesellschaften: Die Deutsche Krebsgesellschaft sieht die Verwendung dieser Marker zur Krebsfrüherkennung derzeit kritisch und hält sie für nicht ausreichend validiert [9].

Ausblick und zukünftige Forschung:

Die bisherigen Ergebnisse zu den Markern Apo10 und TKTL1 sind vielversprechend, aber es besteht noch erheblicher Forschungsbedarf:

  1. Große, prospektive Studien: Es sind größere Studien mit verschiedenen Patientengruppen erforderlich, um die Sensitivität und Spezifität der Marker für verschiedene Krebsarten zu bestätigen.
  2. Vergleichsstudien: Direkte Vergleiche mit etablierten Screening-Methoden sind notwendig, um den zusätzlichen Nutzen der Marker zu quantifizieren.
  3. Langzeitstudien: Untersuchungen zum Einfluss der Marker-basierten Früherkennung auf Überlebensraten und Lebensqualität sind erforderlich.
  4. Standardisierung: Für eine breite klinische Anwendung müssen die Testverfahren standardisiert und qualitätsgesichert werden.
  5. Kosteneffektivitätsanalysen: Studien zur Kosteneffektivität im Vergleich zu etablierten Screening-Methoden sind notwendig.

Fazit:

Die Marker Apo10 und TKTL1, nachgewiesen durch die EDIM-Technologie, zeigen in ersten Studien eine hohe Sensitivität und Spezifität für verschiedene Krebsarten. Sie könnten potenziell als Ergänzung oder sogar Alternative zu bestehenden Screening-Methoden dienen, insbesondere für Krebsarten, für die es bisher keine effektiven Früherkennungsmethoden gibt.

Die minimal-invasive Natur des Tests, die Möglichkeit zur Erkennung verschiedener Krebsarten und das Potenzial zur Früherkennung machen diesen Ansatz besonders interessant. Allerdings sind weitere umfangreiche Studien erforderlich, um den klinischen Nutzen abschließend zu bewerten und mögliche Einschränkungen zu identifizieren.

Die Entwicklung solcher Bluttests könnte einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Krebsfrüherkennung leisten. Es ist jedoch wichtig, dass ihre Einführung in die klinische Praxis auf soliden wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert und in Übereinstimmung mit den Empfehlungen der onkologischen Fachgesellschaften erfolgt.

Referenzen:

  1. Coy JF, et al. Cell Death Differ. 1996;3(3):199-206.
  2. Sun W, et al. Clin Cancer Res. 2010;16(3):857-66.
  3. Urla C, et al. Biomedicines. 2022;10(8):1812.
  4. Stagno MJ, et al. Br J Cancer. 2022;127(7):1324-1331.
  5. Saman S, et al. Cancer Biomark. 2020;27(1):129-137.
  6. Grimm M, et al. Clin Oral Investig. 2016;20(2):329-38.
  7. Xie C, et al. Cell Oncol (Dordr). 2023;46(6):1725-1729.
  8. Jansen N, Coy JF. Future Oncol. 2013;9(4):605-9.
  9. Deutsche Krebsgesellschaft. Stellungnahme der AG PRIO in der DKG_TKTL1_APPO10_PanTum-Test_2023. 2023.

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Dr. med. univ. Dominik Panosch

Dr. Panosch ist Mediziner und Online-Marketer. Nach seinem Studium der Humanmedizin hat er sich selbständig gemacht und schreibt unter anderem redaktionell in diversen medizinischen Onlinepublikationen.